Beitragsseiten
Baubeschreibung
Der Kirchenbau, ein Juwel des Rokoko, besteht aus einem Langhaus mit drei Jochen, der eingezogene Chor hat ein Joch und einen runden Schluss. Die Ecken zwischen Chor und Langhaus sind durch schrägstehende Seitenaltäre abgedeckt. Die Tonne ist mit Stichkappen versehen. Die Wand ist durch Pilaster gegliedert. Die Fenster sind rundbogig geschlossen.
Der Turm an der Südseite des Chores besitzt ein hohes, quadratisches Untergeschoss, das Oberschoss ist achteckig mit Eckpilastern und verkröpftem Gesims. Die Schallfenster sind rundbogig. Der Turm trägt einen Kuppelhelm. Die Sakristei an der Nordseite der Kirche ist in der Tonne gewölbt. Der Eingang befindet sich in einem kleinen Westvorzeichen.5
Beim Betreten des Kircheninneren fallen der prächtig gestaltete Hochaltar und die beiden Seitenaltäre ins Auge. Die Altäre wurden von den Straubinger Schreinermeistern Anton Abele und Martin Messerle angefertigt, die Schnitzarbeiten stammen vom Bildhauer Anton Keller und die Malerarbeiten von Sebastian Ziehrer und Johann Bernhard Scheck.
St. Martin, Hochaltar und Seitenaltäre
Der Hochaltar zeigt ein stark verkröpftes Gebälk mit vielen anbetenden Engelsfiguren. Er ist mit vier Säulen verziert, von denen zwei vorgestellt sind. Zwischen ihnen befinden sich die Figuren der hl. Märtyrer Johannes und Paulus, jeweils mit einem Schwert ausgestattet. Sie sind frühchristliche Märtyrer aus Rom; sie waren keine Soldaten, das Schwert weist auf die Hinrichtungsart hin.Sie werden als die Wetterheiligen verehrt. Der Altaraufbau stammt vom Straubinger Schreiner Anton Abele. Er „erweist sich als geschickter Arrangeur, der die Raumsituation und die Lichtführung zu nutzen weiß, um die optische Wirkung zu erzielen. Der Choraltar ist gelenkig und aufgelockert in das Chorhaupt gesetzt. Die äußeren Säulen sind weit nach vorn in den Raum gezogen, so dass der Innenbereich wie eine Apsis gemeldet erscheint. Die beiden Wetterheiligen Johannes und Paulus flankieren das Altarblatt…
Der Übergang zum Auszug ist geschmeidig gestaltet. Eine Art geschnitzter Baldachin steigt über der Mittelkartusche empor und übergreift die obere Zone. Er ist wie ein Zelt über das Tabernakel gebreitet, das in positiver Plastizität aus dem Retabel geschnitten ist. Die beiden großen Heiligengestalten sind einander gegenübergestellt, als würden sie einen Dialog über den Inhalt des Altarblattes führen. Die Fassung in Weiß und Gold kommt Kellers plastischem Stil besser entgegen als eine polychrome Farbgebung. Beide Heilige posieren in einem gegengleichen Kontrapunkt die gleiche Körperhaltung. Sie stehen locker auf ihren muskulösen Beinen, die Verteilung des Gewichtes ist ausgeglichen, die Harmonie von innen und außen, die Darstellung der Gefühle und ihres Ausdrucks sind überzeugender geworden. Auch die Dachungsengel wirken geschmeidiger, nur die Putti haben, auch wenn ihre Gesichter etwas voller geworden sind, ihre Ausdrucksarmut behalten und ihr hilfloses Agieren kaum verändert.“6
Das Altarbild zeigt den hl. Martinus, den Patron der Kirche, mit der Mantelspende. Der heilige Martin reitet mit wehendem Mantel in Rüstung auf einem weißen Pferd, als Zeichen des beginnenden Winters, in die Bildmitte. Er ist bartlos dargestellt. Er reicht dem Bettler mit der rechten Hand den halben Mantel. Hinter ihm stehen Soldaten, vor ihm sitzt der fast nackte Bettler, der gestützt wird. Im Hintergrund ist ein Bauwerk zu sehen. Über der Szene schweben Engel in einer Wolke.
Bild 1: Das Oberbild des Hochaltares zeigt die hl. Dreifaltigkeit: Gott Vater, daneben der auferstandene Christus mit dem Kreuz, zu Füßen spielende Engel, über dem Bild der heilige Geist als Taube in einem weißen Wolkenkranz. Zu beiden Seiten der Taube stehen Vasen.
Bilder 2 und 3: Der Tabernakel ist vergoldet, darauf steht während des Jahres das Lamm Gottes mit einer Fahne oder in der nachösterlichen Zeit der beachtenswerte Auferstehungschristus, von Anton Keller im Jahre 1755 geschnitzt, gefasst von Sebastian Ziehrer. „Die 60 cm hohe Figur zeigt den zum Himmel auffahrenden Auferstandenen, der den Tod besiegt hat, mit der Fahne des Sieges. Die Wundmale sind deutlich zu erkennen. Die Bindung an den Boden ist gelockert, der Heiland ist mehr schwebend als stehend dargestellt.7
Alle Deckenbilder der Kirche beziehen sich auf die Martinslegende. Sie sind von Sebastian Ziehrer gemalt worden. Karl Tyroller bemängelt Details der Malkünste dieses Malers. Wenn man aber die Gesamtkomposition und die Farbgebung in Betracht zieht, kann man erkennen, dass es sich um ein gelungenes Gesamtkunstwerk handelt. Wie in allen älteren Kirchen üblich, sind die Bilder als Unterweisung im Glauben zu verstehen, da die meisten Gläubigen zur Zeit der Entstehung dieser Kirche nicht lesen konnten. Martin wird als Vorbild im Glauben gedeutet, darauf wird immer wieder Bezug genommen. Da einige Bilder aus heutiger Sicht nur schwer, wenn überhaupt, zu deuten sind, unternehme ich den Versuch, eine Kurzfassung der Martinslegende mit den Deckenbildern des Altarraums und anschließend mit dem Deckenbild und den Zwickelbildern des Langraumes zu illustrieren. Interessant dürfte sein, dass in den Bildern der Deckenzyklen der hl. Martin die Züge des Kapuziners Martin Linius von Cochem trägt und dieser mit Bart dargestellt ist. Martin Linius lebte von 1634 - 1712 und sollte für seine missionarische, schriftstellerische und religiöse Tätigkeit geehrt werden.
5 Vgl. Die Kunstdenkmäler Niederbayerns, Bd, 12, s.o. 139ff
6 Karl Tyroller, Die Bildhauerfamilie Keller, Straubinger Hefte 37, Straubing 1987, S. 18f
7 Vgl. Karl Tyroller, s.o., S.18