Die Kirche St. Martin
St. Martin zu Pönning
St. Martin
Vorwort
Die Pönninger St.-Martin-Kirche ist ein Schatzkästlein des niederbayerischen Rokoko. Das farbige Zusammenklingen der Deckenmalerei mit dem Schnörkel- und Rankenwerk, der verfeinerten Ornamentik und dem reichen, phantasievollen Stuck, der sich an den Altären in den zartfarbigen Säulen, den Engeln, Putten und Heiligenfiguren, zumeist in Weiß und Gold gefasst, fortsetzt, schaffen einen Eindruck der Leichtigkeit und Bezauberung. Wenn man dann noch die Gesamtkomposition des Bildwerkes hinzufügt, das vollständig auf St. Martin ausgerichtet ist, wird die Botschaft dieser Kirche deutlich. St. Martin ist ein Vorbild des Glaubens für den Betrachter. Darauf beziehen sich das zentrale Altarbild und das Deckenbild im Langhaus mit den Szenen aus dem Leben das hl. Martin. Auch die Glorie - die Aufnahme St. Martins in den Himmel - im Deckenbild des Altarraums, und die deutenden Bilder seines Wirkens in den Zwickelbildern und die Zusammenfassung seiner Botschaft an der Empore bekräftigen das Glaubensvermächtnis.
Die Pönninger Rokokokirche kann man wie viele Kirchen nur sinnvoll verstehen, wenn man ihr Bildwerk versteht.
Alles rankt sich um die Legende vom Leben des heiligen Martin, des Patrons der Kirche. Deshalb wird eine Kurzausgabe der Legende vollständig zitiert. Martin war nach Maria, der Mutter Jesu, und dem Apostel Johannes der erste Heilige der westlichen Kirche, der nicht als Märtyrer starb. Martin erreichte die Heiligkeit durch seinen sittlichen Lebenswandel und seine Taten, Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Es gibt einen Martinzyklus im Altarraum, der sich um Martins Aufnahme in den Himmel rankt und in den Zwickeln eine Beschreibung seines irdischen Lebens. Einen weiteren Zyklus gibt es im Kirchenschiff, der die Hauptereignisse seines Lebens im zentralen Bild aufzeigt und in den Zwickelbildern ergänzt.
Die Seitenaltäre sind anderen Heiligen, zumeist den Volksheiligen für die Anliegen der ländlichen, bäuerlichen Gläubigen, geweiht. Es gibt auch einen Marienaltar.
An den Seitenwänden der Kirche befinden sich die 12 Apostelbilder, die Kreuzwegstationen, die Kanzel und das Triumphkreuz. Auch die Emporen sind mit Bildwerken versehen.
Ortsgeschichte
Pönning und seine Ortsteile waren bereits in der Jungsteinzeit besiedelt (Artefaktfunde aus dieser Zeit in Gunting und Pönning, ehemals 7 Grabhügel in Antenring, von denen noch 2 erkennbar sind). Ein Adeliger namens Benno oder Penno müsste den Ort Pönning bei der bajuwarischen Landnahme (ab 550 n. Chr.) gegründet haben. Pönning zählt zu den echten ing-Orten. Die erste urkundliche Nennung Pönnings taucht 883/887 in einem Verzeichnis des Regensburger Klosters St. Emmeram auf: ein Adeliger erwirbt im Tausch vom Kloster Ackerland und eine Wiese in einem Ort namens Benninga. Wie das Kloster zu dem Besitz kam, ist nicht mehr feststellbar. Der Ortsteil Gunting ist schon um 750 in einer Niederaltaicher Urkunde bezeugt.
Baugeschichte der Kirche
Wann in Pönning die erste Kirche gebaut wurde, ist nicht bekannt. Es ist möglich, dass bei der Besiedlung durch die Bajuwaren ein Friedhof mit Kirche angelegt wurde. Es müsste sich dann um eine Holzkirche gehandelt haben. Belege dafür gibt es nicht. Pönning scheint im Jahre 1224 bereits als Filialkirche zur Pfarrei Perkam gehört zu haben (Aufzeichnungen des Pfarrers Anton Stettmeier von Perkam, 1930 - 1947), zu diesem Zeitpunkt müsste dann spätestens eine Kirche existiert haben. In den Unterlagen des Straubinger Kunsterziehers Karl Tyroller findet sich der Hinweis, dass in Pönning 1350 eine Kirche gebaut wurde. Beide Feststellungen lassen sich nicht durch Urkunden belegen. Im Registrum caritiati subsidi der Diözese Regensburg von 1438 werden für T(h)alkirchen (Perkam) ein Pleban (Leutpriester / Pfarrer) und ein Socius divinorum (Hilfspriester) genannt. Perkam müsste dann bereits eine Filiale gehabt haben. Hirschling und Frauenhofen gehörten zu dieser Zeit noch nicht zur Pfarrei Perkam.
Im Kirchenmatrikel aus dem Jahre 1508 für die Pfarrei Thalkirchen/Perkam ist die St. Martinskirche in Pönning als Filiale von Perkam genannt. Auch ein Friedhof wird aufgeführt. 1537 gab es bereits das Heilinggueth in Pönning, einen Hof der Santh Martan/Sankt Martin gehörte und einen Sedelhof bei der Kurchen (Kirche).1 Im Verzeichnis der Regensburger Visitation von 1559 wird angeführt, dass die Filialkirche Pönning renovierungsbedürftig ist. Im Regensburger Visitationsprotokoll von 1589 / 90 wird angeführt, dass die Pönninger Kirche zwei Altäre hatte, der Hochaltar ist St. Martin geweiht, der zweite Altar der hl. Barbara. Im Jahre 1665 hat die Pönninger Kirche einen Altar. 1697 wurde der erste von mehreren Versuchen unternommen, einen eigenen Seelsorger für die Filiale Pönning zu bekommen. Außerdem wird in dem Schreiben an den Bürgermeister und die Räte der Stadt Straubing darauf hingewiesen, dass die Kirche in Pönning zu klein sei, um alle Pfarrkinder zu fassen. Die Hofmarken Pönning und Gunting waren zu diesem Zeitpunkt im Besitz der Stadt Straubing.2
Die Bauakten des Rokokobaues sind ab 1699 zum Teil erhalten und relativ gut dokumentiert. Die Akten über die alte Kirche und den Neubau wurden von Gerhard Staudigl und Xaver Luderbock, Parsberg, den beiden Restauratoren, aus den verschiedenen Archiven (Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg, Pfarrarchiv Perkam und dem Bayerischen Staatsarchiv Landshut) zusammengestellt. Wann mit dem Abbruch der alten Kirche und dem Bau der neuen Kirche begonnen wurde, ist unbekannt. Die Pönninger Orgel wurde abgebaut und in Antenring installiert. Nach dem Inventarverzeichnis von 1857 stammt der Tabernakel aus dem Jahre 1695, das Kirchengestühl von 1696, die ursprünglichen Glocken von 1699. Im Jahre 1701 gab es bereits drei Altäre. Ein Seitenaltar wurde 1735 mit dem noch vorhandenen Bild des hl. Johannes von Nepomuk versehen. Die Halbfiguren, Jesus und Maria, und ein Kreuz aus dem Jahre 1736 fertigte der hochgeschätzte Straubinger Bildhauer Simon Hofer an und der Maler Georg Sigmundt Velder fasste sie. Ein Landauer Schreiner fertigte das Kästlein, den Tabernakel, vom Nepomukaltar. 1746 wurde vom Straubinger Schreiner Lukas Reisinger eine neue Kanzel aufgesetzt. Gefasst wurde sie von Sebastian Ziehrer. Aus diesem Jahr soll auch eine Rechnung über 40 fl. von Sebastian Ziehrer über ein Deckenbild, die Glorie des hl. Martin, und ein Deckenbild der Unbefleckten Empfängnis Mariens stammen, das nicht erhalten ist. Hier könnte es sich aber auch um einen Kostenvoranschlag handeln, denn 1763 erhält Sebastian Ziehrer für die Ausmalung der Kirche 117 fl. und im Jahre 1764 die Restzahlung von 150 fl., weil auch die Bildgestaltung geändert wurde: statt der Unbefleckten Empfängnis wurde ein weiter St. Martinzyklus im Langhaus ausgewählt. Die Gründe dafür sind nicht zu erschließen. 1751 wurde vom Straubinger Stadtmaurermeister Caspar Laggen mit mehreren Gesellen der Turm errichtet, der Maurerpolier Hans Georg Pechbauer verputzte ihn, das Turmkreuz verfertigte der Schmied Peter Strobel, die Kuppel wurde vom Regensburger Johann Georg mit weißem Blech beschlagen. Sebastian Ziehrer fasste das Kreuz und die Weltkugel in Gold. 1756 wurde von Anton Keller der Auferstehungschristus geschnitzt, der von Sebastian Ziehrer gefasst wurde. 1761 wurde die Veichtmayrorgel Orgel von 1748 abgebaut und in Antenring eingebaut. 1762 erhilt Pönning eine grüßere Veichtmayrorgel.
Die Pönninger Kirche wurde unter der Aufsicht vom Straubinger Ratsherrn Oheim und dem Perkamer Pfarrer Ludwig Freiherr von Poysl aus einem Vermächtnis des Sebastian Gschwöller, Mitglied des äußeren Rates der Stadt Straubing, erbaut. Ein Vorschuss von 300 Gulden kam von der Straubinger Veitskirche und vermutlich anderen Geldquellen und von der Kirchenverwaltung Pönning. 1719 hat die Kirchengemeinde Pönning Perkam für deren Kirchenbau 300 Gulden geliehen. Geld für eine Teilfinanzierung war also vorhanden. Errichtet wurde die neue Pönninger Kirche vom Straubinger Baumeister Johann Windholl und Handwerkern und Künstlern aus Straubing. Die Angaben zu den Bauakten stammen zum Großteil aus den Nachforschungen der Herrn Gerhard Staudigel und Xaver Luderbock, Parsberg ,die die zwei Restauratoren der Kirche waren.
Vermutlich steht sie an der Stelle der Vorgängerkirche.
Über der Eingangstür der Kirche stehen auf Steintafeln in Latein die folgenden Angaben:
„Unter der Leitung des Ratsherrn Öheimb (und mir Weichard Ludwig Freiherr von Poysl auf Loifling, Pfarrer in Perkam) und vom Handlegat des Sebastian Gschwöller (wurde diese Kirche erbaut)“. Die Jahreszahlen aus den Großbuchstaben der beiden äußeren Tafeln ergeben das Jahr der Einweihung 1762. Die mittlere Tafel unterscheidet sich von den äußeren, vermutlich wurde sie später eingefügt. Die Hervorhebung der Großbuchstaben dieser Tafel dient nur der dekorativen Gestaltung.
1762 wurde der Neubau der Kirche konsekriert. Im selben Jahr wurden die Deckenbilder und die Zwölf-Apostelbilder von Sebastian Ziehrer fertig gestellt. Die Ausgestaltung der Kirche war aber noch nicht abgeschlossen. 1763 erhält der Schreiner Anton Abele 50 fl für das Kirchengestühl. Der Hochaltar stammt ebenfalls vom Schreiner Abele, die Schnitzarbeiten vom Bildhauer Anton Keller, der auch die Schnitzarbeiten für die Seitenaltäre anfertigte. 1766 - 1775 verfertigt der Bildhauer Anton Keller die Figuren der Märtyrer Johannes und Paulus und die Engel vom Hochaltar, ebenso die Figuren der Heiligen Sebastian, Rochus, Wendelin, Florian und die Putten an den Seitenaltären. Alle diese Figuren werden von Sebastian Ziehrer gefasst. Die Altarbilder des Hochaltares stammen vom Jahr 1771, gemalt hat sie Sebastian Ziehrer, ebenso wie die St. Anna und die St. Notburga von den Seitenaltären; der Maler des Altarbildes des Johannes Nepomuk ist umstritten. Rechnungen aus den Jahren bis 1775 bezeugen, dass bis dahin an die verschiedenen Handwerker Abschlagszahlungen geleistet wurden. Offensichtlich war es schwer, Geld für die Arbeiten aufzubringen. Der Straubinger Schreinermeister Anton Messerle erhält für Arbeiten an den Seitenaltären und für ein neues Kreuz auf einer hohen Stange und weitere Arbeiten von 1776 - 1789 Abschlagzahlungen. Der Straubinger Maler Johann Bernhard Scheck fasste in den Jahren 1793f die Seitenaltäre und den Hochaltar neu. Auch der Tabernackl wurde in Gold neu gefasst Der Straubinger Maler Mayer scheint die beiden Hochaltarbilder im Jahre 1777 renoviert zu haben, er könnte auch der Maler der beiden Seitenaltar-Aufsatzbilder, die den Hl. Isidor und die Hl. Notburga von Rattenberg darstellen, sein. Der Bildhauer und Stukkateur Matthias Obermayer, ein Schüler von Simon Hofer, verfertigt 1793 das so genannte Triumphkreuz an der rechten Seitenwand. Der Bildhauer Franz Xaver Keller erhält im Jahre 1796 kleinere Aufträge, z. B. ein Kreuz zu fassen und auf eine neue Fahnenstange einen Knopf in Antikart zu fertigen. 1828 wurden die Seitenaltäre renoviert und die Engel und Figuren vergoldet. Der Maler Franz Bankratz malte die Kirche aus. 1849 wurden die beiden Seitenaltäre durch den Schreinermeister Thanner restauriert, die Malerarbeíten führte ein Malermeister Merz, ebenfalls aus Straubing, aus. 1860 ff wurde das Blechdach des Turmes entfernt und durch Schieferplatten ersetzt; dabei wurde das Erstellungsdatum der Kirche in die Platten eingeritzt. 1857f reparierte der Straubinger Maurermeister Lindtner die Kirchenmauer und verputzte die Umfang-und Giebelmauer und den Kirchturm. Das Innere der Kirche wurde mehrfach verändert. So wurden bei der Renovierung von 1876 durch den Maler Stoiber aus Geiselhöring die Marmorierungen der Altäre weiß gestrichen. Weitere Arbeiten waren 1898 die Restaurierung des Tabernakels, der Seitenaltäre und der Figuren Paulus und Johannes durch die Fa. Aspermeier, Straubing. 1905 Trockenlegung der Kirche und Malerarbeiten durch die Fa. Kainz, Pfaffenberg. 1912 Renovierung des Tabernakels auf dem Hochaltar und des Johannes Nepomukbildes am rechten Seitenaltar. Dabei wurde die Marmorierung der Altäre freigelegt und die Apostelbilder renoviert. 1916 baute der Orgelbauer Ignaz Weise aus Plattling eine neue Orgel in das alte Gehäuse ein und in die Emporen wurde eine Wendeltreppe angelegt. 1931 stifteten die Geschwister Alois und Anna Lang die Martinsglocke, gegossen von der Fa. Gugg aus Straubing. Die Glocke überlebte die Ablieferungspflicht im 2. Weltkrieg. Bei der Renovierung der Kirche von 1936 durch den Kirchenmaler Johann Böckl aus Regensburg und den Kunstmaler Scheidtmantel aus München wurde die Marmorierung restauriert.4 1949 wurde die Herz Jesu-Glocke und 1950 die Engelglocke von Anton Gugg gegossen. In den Jahren 1950 - 1969 wurden weitere Restaurierungsmaßnahmen vorgenommen, ein Barocktraghimmel und ein gotisches Messgewand angeschafft, die Kirche trocken gelegt, ein neuer Fußboden und eine Heizung eingebaut, das Kirchengestühl renoviert. . Die Kirche wurde in den Jahren 1986-1992 für 1,64 Millionen DM grundlegend innen und außen renoviert, dabei wurden die alten Farbtöne soweit möglich wieder hergestellt (nie veränderte Dekoration am Pfeiler hinter dem Altarbild entdeckt, ein Blumenstrauß aufgedeckt). Die Fa. Gebrüder Preis, Kirchenmaler und Restaurierungswerkstätten, Parsberg, benötigte 4 Jahre für die Arbeiten. Von den Kosten verblieben der Kirchengemeinde Pönning DM 400.000.
Die Kirche wurde am 28. November 1992 vom Weihbischof Wilhelm Schraml, Regensburg, in einem feierlichen Ponifikal-Gottesdienst eingeweiht und der Kirchengemeinde Pönning übergeben.
1 Willibald Schmidt, Pönning und Gunting. Eine Straubinger Hofmark, Straubinger Hefte Nr. 21, 1971, S. 9
2 BZA Regensburg, Pfarrakten Perkam, Sign. Gottesdienste und Seelsorger zu Penning, Nr. 23
3 Die Kunstdenkmäler von Bayern, Niederbayern XII. Bez-Amt Straubing, 1925, S. 140 -143, Bild S. 141
4 Karl Tyroller, Die Bildhauerfamilie Keller, Straubinger Hefte Nr. 37, 1987
Baubeschreibung
Der Kirchenbau, ein Juwel des Rokoko, besteht aus einem Langhaus mit drei Jochen, der eingezogene Chor hat ein Joch und einen runden Schluss. Die Ecken zwischen Chor und Langhaus sind durch schrägstehende Seitenaltäre abgedeckt. Die Tonne ist mit Stichkappen versehen. Die Wand ist durch Pilaster gegliedert. Die Fenster sind rundbogig geschlossen.
Der Turm an der Südseite des Chores besitzt ein hohes, quadratisches Untergeschoss, das Oberschoss ist achteckig mit Eckpilastern und verkröpftem Gesims. Die Schallfenster sind rundbogig. Der Turm trägt einen Kuppelhelm. Die Sakristei an der Nordseite der Kirche ist in der Tonne gewölbt. Der Eingang befindet sich in einem kleinen Westvorzeichen.5
Beim Betreten des Kircheninneren fallen der prächtig gestaltete Hochaltar und die beiden Seitenaltäre ins Auge. Die Altäre wurden von den Straubinger Schreinermeistern Anton Abele und Martin Messerle angefertigt, die Schnitzarbeiten stammen vom Bildhauer Anton Keller und die Malerarbeiten von Sebastian Ziehrer und Johann Bernhard Scheck.
St. Martin, Hochaltar und Seitenaltäre
Der Hochaltar zeigt ein stark verkröpftes Gebälk mit vielen anbetenden Engelsfiguren. Er ist mit vier Säulen verziert, von denen zwei vorgestellt sind. Zwischen ihnen befinden sich die Figuren der hl. Märtyrer Johannes und Paulus, jeweils mit einem Schwert ausgestattet. Sie sind frühchristliche Märtyrer aus Rom; sie waren keine Soldaten, das Schwert weist auf die Hinrichtungsart hin.Sie werden als die Wetterheiligen verehrt. Der Altaraufbau stammt vom Straubinger Schreiner Anton Abele. Er „erweist sich als geschickter Arrangeur, der die Raumsituation und die Lichtführung zu nutzen weiß, um die optische Wirkung zu erzielen. Der Choraltar ist gelenkig und aufgelockert in das Chorhaupt gesetzt. Die äußeren Säulen sind weit nach vorn in den Raum gezogen, so dass der Innenbereich wie eine Apsis gemeldet erscheint. Die beiden Wetterheiligen Johannes und Paulus flankieren das Altarblatt…
Der Übergang zum Auszug ist geschmeidig gestaltet. Eine Art geschnitzter Baldachin steigt über der Mittelkartusche empor und übergreift die obere Zone. Er ist wie ein Zelt über das Tabernakel gebreitet, das in positiver Plastizität aus dem Retabel geschnitten ist. Die beiden großen Heiligengestalten sind einander gegenübergestellt, als würden sie einen Dialog über den Inhalt des Altarblattes führen. Die Fassung in Weiß und Gold kommt Kellers plastischem Stil besser entgegen als eine polychrome Farbgebung. Beide Heilige posieren in einem gegengleichen Kontrapunkt die gleiche Körperhaltung. Sie stehen locker auf ihren muskulösen Beinen, die Verteilung des Gewichtes ist ausgeglichen, die Harmonie von innen und außen, die Darstellung der Gefühle und ihres Ausdrucks sind überzeugender geworden. Auch die Dachungsengel wirken geschmeidiger, nur die Putti haben, auch wenn ihre Gesichter etwas voller geworden sind, ihre Ausdrucksarmut behalten und ihr hilfloses Agieren kaum verändert.“6
Das Altarbild zeigt den hl. Martinus, den Patron der Kirche, mit der Mantelspende. Der heilige Martin reitet mit wehendem Mantel in Rüstung auf einem weißen Pferd, als Zeichen des beginnenden Winters, in die Bildmitte. Er ist bartlos dargestellt. Er reicht dem Bettler mit der rechten Hand den halben Mantel. Hinter ihm stehen Soldaten, vor ihm sitzt der fast nackte Bettler, der gestützt wird. Im Hintergrund ist ein Bauwerk zu sehen. Über der Szene schweben Engel in einer Wolke.
Bild 1: Das Oberbild des Hochaltares zeigt die hl. Dreifaltigkeit: Gott Vater, daneben der auferstandene Christus mit dem Kreuz, zu Füßen spielende Engel, über dem Bild der heilige Geist als Taube in einem weißen Wolkenkranz. Zu beiden Seiten der Taube stehen Vasen.
Bilder 2 und 3: Der Tabernakel ist vergoldet, darauf steht während des Jahres das Lamm Gottes mit einer Fahne oder in der nachösterlichen Zeit der beachtenswerte Auferstehungschristus, von Anton Keller im Jahre 1755 geschnitzt, gefasst von Sebastian Ziehrer. „Die 60 cm hohe Figur zeigt den zum Himmel auffahrenden Auferstandenen, der den Tod besiegt hat, mit der Fahne des Sieges. Die Wundmale sind deutlich zu erkennen. Die Bindung an den Boden ist gelockert, der Heiland ist mehr schwebend als stehend dargestellt.7
Alle Deckenbilder der Kirche beziehen sich auf die Martinslegende. Sie sind von Sebastian Ziehrer gemalt worden. Karl Tyroller bemängelt Details der Malkünste dieses Malers. Wenn man aber die Gesamtkomposition und die Farbgebung in Betracht zieht, kann man erkennen, dass es sich um ein gelungenes Gesamtkunstwerk handelt. Wie in allen älteren Kirchen üblich, sind die Bilder als Unterweisung im Glauben zu verstehen, da die meisten Gläubigen zur Zeit der Entstehung dieser Kirche nicht lesen konnten. Martin wird als Vorbild im Glauben gedeutet, darauf wird immer wieder Bezug genommen. Da einige Bilder aus heutiger Sicht nur schwer, wenn überhaupt, zu deuten sind, unternehme ich den Versuch, eine Kurzfassung der Martinslegende mit den Deckenbildern des Altarraums und anschließend mit dem Deckenbild und den Zwickelbildern des Langraumes zu illustrieren. Interessant dürfte sein, dass in den Bildern der Deckenzyklen der hl. Martin die Züge des Kapuziners Martin Linius von Cochem trägt und dieser mit Bart dargestellt ist. Martin Linius lebte von 1634 - 1712 und sollte für seine missionarische, schriftstellerische und religiöse Tätigkeit geehrt werden.
5 Vgl. Die Kunstdenkmäler Niederbayerns, Bd, 12, s.o. 139ff
6 Karl Tyroller, Die Bildhauerfamilie Keller, Straubinger Hefte 37, Straubing 1987, S. 18f
7 Vgl. Karl Tyroller, s.o., S.18
Martin
„Martin von Tours, geboren 316 oder 317 als Martinus (abgeleitet vom Kriegsgott Mars), wuchs als Sohn eines römischen Tribuns in Pannonien, im heutigen Ungarn, auf. Die Jugend verbrachte er in Pavia, der Heimat seines Vaters in Oberitalien, wo er erstmals mit dem Christentum in Berührung kam. Widerwillig beugte Martinus sich dem Gebot des Vaters, der selbst als Militärtribun diente, und schlug eine Militärlaufbahn ein. Als Sohn eines römischen Offiziers war er gesetzlich zum Militärdienst verpflichtet. Im Alter von 15 Jahren wurde er zur Leibwache des Kaisers Konstantin II. nach Mailand eingezogen, das zu der Zeit die Residenz der westlichen römischen Reichshälfte war. Während Kämpfen zwischen Römern und Alemannen in Gallien, dem heutigen Frankreich, und später auch jenseits des Rheins, in denen Martinus unter Julian diente, vertiefte sich sein Glaube. Vor einer Schlacht gegen anrückende Germanen in der Nähe des Heerlagers der Civitas Vangionum, des heutigen Worms, verweigerte Martinus als Offizier des römischen Besatzungsheeres die Teilnahme mit dem Hinweis, er sei von nun an nicht mehr „miles Caesaris“, ein Soldat des römischen Kaisers, sondern „miles Christi“ und bat um Entlassung aus dem Armeedienst. Dies wurde ihm lange verweigert, und so wurde er erst 356 nach Ableistung seiner 25-jährigen Dienstzeit im Alter von 40 Jahren von Julian aus dem Heerdienst entlassen.
Nachdem er einige Zeit bei Hilarius, dem Bischof von Poitiers, gelernt hatte, zog er sich als Einsiedler auf die Insel Gallinaria bei Genua zurück. Bald aber folgten ihm viele Anhänger, sodass er dieses Leben wieder aufgab. Er reiste zu seiner Mutter nach Pannonien, die er zum christlichen Glauben bekehrte. Anschließend begab er sich erneut nach Gallien. Dort errichtet er in Ligugé das erste Kloster des Abendlandes. Im Jahre 375 errichtete er in der Nähe von Tours das Kloster Marmoutier. Bald lernte er Liborius, den Bischof von Le Mans, kennen. [Liborius ist der Patron der Diözese Paderborn.] Mit ihm verband ihn eine lebenslange Freundschaft, und er spendete dem sterbenden Liborius im Juni 397 das Sakrament der Krankensalbung.
Martin war Bindeglied zwischen Rom und dem Reich der Franken. Er verkörperte als asketischer Mönch das spätantike Ideal eines Bischofs oder Priesters. Als Nothelfer und Wundertäter wurde Martin schnell in der gesamten Touraine bekannt. Am 4. Juli 372 wurde er zum Bischof von Tours geweiht. Statt in der Stadt zu leben, wohnte er lieber in den Holzhütten vor der Stadtmauer, wo aber schon zu seinen Lebzeiten das Kloster Saint-Martin de Ligugé entstand.
Als Martin als Bischof von Tours in Trier weilte, klagten die Gegner des häretischen Bischofs Priscillian von Ávila diesen in Trier bei Kaiser Magnus Maximus an. Auf Betreiben Martins beendete Maximus den Prozess, ließ ihn aber nach der Abreise Martins aus Trier wieder aufnehmen und Priscillian 385 zum Tode verurteilen. Als Martin von der Hinrichtung erfuhr, protestierte er bei Kaiser Maximus ebenso wie Ambrosius von Mailand und Siricius von Rom scharf gegen dieses Vorgehen.
Als Martin 386 nach Trier kam, um sich bei Maximus für zwei Anhänger des 383 getöteten Kaisers Gratian einzusetzen, verweigerte er den Bischöfen um Ithacius, die die Verurteilung Priscillians betrieben oder gebilligt hatten, die eucharistische Gemeinschaft. Auf Drohungen des Kaisers, sowohl mit der Verfolgung der priscillianischen Gruppen als auch (mit der) rechtgläubiger, mit Martin verbundener asketischer Gruppen zu beginnen, ließ Martin sich bewegen, die eucharistische Gemeinschaft mit den beteiligten Bischöfen zumindest während der Bischofsweihe des Trierer Bischofs Felix wieder aufzunehmen.
Am 8. November 397 starb Martin im Alter von 81 Jahren auf einer Visite in Candes, einer Stadt seines Bistums. Er wurde am 11. November in Tours unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt.8
8 http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_von_Tours, 15. Juli 2009, 11.34 Uhr
Deckenbilder
Das Deckenbild des Altarraumes stellt die Glorie Martins / seinen Tod / die Aufnahme in den Himmel dar. Im Bildmittelpunkt der hl. Martin mit Bart, wie in den anderen Deckenbildern auch, im bischöflichen Ornat, umgeben von vielen kleinen und großen jubilierenden Engeln, die ihn auf einer großen Wolke in den Himmel tragen. Der himmlische Bereich ist vom irdischen durch ein Wolkenband getrennt.Ein Engel weist mit der linken Hand auf Gott Vater, versehen mit einem dreieckigen Heiligenschein und dem Zepter im grünen wehenden Mantel und auf Christus in einem runden Heiligenschein, der mit der rechten Hand das Kreuz hält. Sie thronen auf der Weltkugel und erwarten Martin. Beide neigen sich einander zu. Darüber schwebt der hl. Geist in Gestalt einer Taube im Strahlenkranz. Auch im himmlischen Bereich befinden sich Engel. einer stützt das Kreuz-Der himmlische Bereich ist vom irdischen durch ein Wolkenband getrennt. Der Engel mit dem grünen Umhang stellt eine Verbindung beider Bereiche her, indem er mit der rechten Hand nach unten auf die weiße Gans und den Bischofstab weist. Die weiße Gans erinnert daran, dass sich der Einsiedler Martin aus Bescheidenheit versteckt hatte, weil er nicht Bischof werden wollte, die Gans ihn aber verraten hat und er deshalb seine segensreiche Tätigkeit weiterführen musste.Das Bild ist durchzogen von Wolken, auf denen Engel sitzen. Das ganze Bild ist durch einen breiten Goldrahmen eingefasst. Ein Girlandenkranz trennt das Hauptbild von den Zwickelbildern. Bild vergrößern Das gesamte Deckengemälde im Altarraum im Fahnenschmuck des Fronleichnamsfestes. Es stellt imMittelbild die Glorie Martins, die Aufnahme des hl. Martinus in den Himmel dar. Die Zwickelbilder des Altarraums zeigen Szenen aus dem Leben des hl. Martin. Im Bild oben ist die Öffnung für die hl. Geist-Taube zu sehen. Im Bild unten sind Teile des Hauptaltares zu erkennen. Bild vergrößern
Zwickelbilder
Vorderes Zwickelbild im Altarraum der rechten Seite - Christus mit dem Kreuz und jubelnde Engel erscheinen Martin und zeigen den halben Mantel vor, den Martin dem Bettler gegeben hat. .„Martinus, der noch nicht getauft ist, hat mich mit diesem Mantel bekleidet!”
Das erste Zwickelbild links zeigt, Martin beim Besuch seiner Eltern. Bei dem Versuch zu missionieren, wird er von Arianern verfolgt, misshandelt und aus dem heutigen Ungarn, seiner Heimat, vertrieben wird. Im Hintergrund die Darstellung einer mittelalterlichen Stadt
Martin erhält die niedrigen Weihen - Mittleres Zwickelbild im Altarraum der rechten Seite
Zwickelbild im Altarraum rechts - Martin wird inmitten einer großen Schar von Klerikern und Gläubigen von drei Bischöfen zum Bischof geweiht.Mittleres Zwickelbild im Altarraum der linken Seite - Martin errichtet und segnet Kirchen und Häuser.Vorderes Zwickelbild im Altarraum der linken Seite - es zeigt Martins vorbildhaften Charakter, weil er Kranke betreut, pflegt und heilt. Das Deckenbild und die Zwickelbilder des Langhauses mit den Szenen aus dem Leben des hl. Martin - oben die Bemalung der oberen Orgelempore Bild vergrößern Die Szenen der linken Seite des Deckengemäldes im Langhaus zeigen den Weg des Martin in mittelalterlicher Kleidung als jungen römischen Gardereiter vor dem Kaiser.
Die nächste Szene zeigt, wie Martin an einem kalten Wintertag unter dem Gespött seiner Kameraden vor dem Stadttor den Mantel mit einem Bettler teilt. Auffällig ist, dass Martin auf diesem Bild zu Fuß unterwegs ist.Im dritten Bild wird gezeigt, wie Martin als Offizier im Feldlager, wie damals üblich, vom Kaiser ein Geschenk vor der Schlacht überreicht bekommen soll, das er ablehnt. Er bittet den Kaiser, den Kriegsdienst beenden zu dürfen, da er als Christ nicht mehr Kriegsdienst leisten will. Dieses Gesuch wird vom Kaiser als Feigheit vor dem Feind gedeutet und abgelehnt. Das Bild in der Mitte über der Empore zeigt wie Martin vom Bischof Liborius aus Le Mans die christliche Unterweisung erhält.Im ersten Bild auf der rechten Seite wird Martins Wirken als Begründer des gallischen Mönchtums und als Bischof gezeigt, der Gläubige um sich versammelt und unterweist. Links unten der Hinweis auf den Maler der Deckenbilder: S. Ziehrer pinxit 1762.Im zweiten Bild der rechten Seite feiert Bischof Martin einen Gottesdienst im Kreise seiner Priester. Im dritten Bild bittet Bischof Martin Kaiser Maximus, rechts vor ihm stehend, um Gnade für Verurteilte, die als Ketzer angesehen wurden.Das vierte Bild zeigt das segensreiche Wirken des Bischofs Martin in einer Kirche inmitten von Priestern, die er ermahnt und unterweist. Das Bild Richtung Altar illustriert den Tod des hl. Martin. Der sterbende Martin, inmitten von weinenden Mönchen, hält dem Teufel, der Hörner und Fledermausflügel trägt, Tierbeine und einen Schwanz hat, das Kreuz entgegen. Der wendet sich daraufhin ab.In der Mitte des Deckenbildes sind jubilierende Engel dargestellt. Dieses Bild verweist auf das Deckenbild des Altarraums mit der Glorie des hl. Martin. Die Zwickelbilder des Langraumes ergänzen die Lebensgeschichte Martins und zeigen sein segensreiches und vorbildhaftes Wirken: Von der Orgel aus gesehen die rechte Seite
Bischof Martin nimmt, wie Jesus es befohlen hat, die Fußwaschung vor. Bischof Martin wird in Ausübung seiner Missionstätigkeit überfallen. Bischof Martin wirkt ein Wunder und heilt.
Bischof Martin macht sich durch seine konsequente Art Feinde und wird verfolgt.Zweites Zwickelbild der linken Seite:
Bischof Martin betrauert einen hingerichteten angeblichen Ketzer, den er durch seine Fürsprache nicht retten konnte.Drittes Zwickelbild der linken Seite:
Bischof Martin betreut und versorgt Kranke, Arme und Alte. Er segnet / heilt Kranke.
Das Bild mit den jubilierenden Engeln in der Mitte des Deckenbildes des Langhauses verweist auf die jubilierenden Engel im Bild der Aufnahme Martins in den Himmel und schließt den Kreis. Wer sich für die Langform der Martinslegende interessiert, die viele wunderbare Begebenheiten im Leben des heiligen Martin aufweist und den Bezug zu den Bildern deutlicher herstellt, sei verwiesen auf: www.martin-von-tours.de/geschichte/braeuche, 27.07.2007, geschrieben von Dr. theol. Manfred Becker-Huberti, Köln.
Einrichtung
Die einheitliche Einrichtung der Kirche stammt aus ihrer Erbauungszeit.
Die Seitenaltäre sind mit zwei, leicht über Eck gestellten Säulen und Seitenvoluten mit Putten ausgestattet und insgesamt reich vergoldet.
Der rechte Seitenaltar zeigt als Hauptbild den hl. Johannes von Nepomuk vor einem Kreuz betend, einen Engel zu seinen Füßen, mit der Hand auf den Mund deutend, über ihm Engel mit der Palme der Märtyrer. Er wird verehrt als Brückenheiliger und Patron gegen Überschwemmungen und Nässe, auch auf den Feldern. Er wurde im Jahre 1393 in der Moldau ertränkt, weil er sich weigerte, das Beichtgeheimnis zu brechen. Historisch richtiger ist, dass er in den Auseinandersetzungen zwischen dem Prager Erzbischof, dessen Generalvikar er war, und König Wenzel von Böhmen, der auch deutscher König war, ermordet wurde.Im Oberbild sehen wir den hl. Isidor von Madrid, den Patron der Bauern, gegen Dürre, für Regen und eine gute Ernte.
Die linke Figur zeigt den heiligen Florian als römischen Offizier in Uniform mit einer Fahne. Er gießt Wasser über ein Haus aus und wird als Patron der Feuerwehr und gegen Feuersgefahren verehrt. (Er wurde gefoltert und anschließend ertränkt. Er soll der Überlieferung nach ein brennendes Haus durch sein Gebet gelöscht haben).Die rechte Figur stellt den heiligen Wendelin dar mit Hirtentasche und Hirtenstab. Er ist der Patron der Hirten und Herden, Schäfer und Bauern, des Viehs, gegen Viehseuchen, für gedeihliche Witterung und gute Ernten, gleichsam der Schutzpatron für die Nöte des Bauernhofes.
Der Tabernakel auf dem Altartisch ist mit Ranken verziert, daneben stehen auf kleinen Podesten die Halbfiguren Jesus und Maria. Beide Figuren stammen aus der Vorgängerkirche und wurden vom Straubinger Bildhauer Simon Hofer, einem der bedeutendsten Vertreter der bayerischen Sakralplastik des 18. Jahrhunderts, angefertigt und vom Maler Georg Sigmundt Velder im Jahre 1736 gefasst. Jesu Hand weist hin auf das Herz als Ursymbol der menschlichen Liebe, der Liebe Christi, des Erlösers. Maria hält das von einem Schwert durchbohrte Herz in der rechten Hand. Beide Figuren weisen auf die Herz-Jesu- und die Herz-Marien-Verehrung. Beide haben in der Pfarrei Perkam eine lange Tradition. Der linke Seitenaltar ist mit zwei Säulen versehen und reich verziert. Er ist der AlMarienaltar und der Altar für die Nöte des Volkes und zeigt als Hauptbild: „Die heilige Maria liest ihrer Mutter Anna aus der Heiligen Schrift vor“. Ein Engel hält die Heilige Schrift. Vater Joachim und zwei weitere Engel hören zu. Ein Engel, der einen Strahlenkranz überbringt, stellt eine Verbindung zur himmlischen Sphäre her, die durch einen Wolkenkranz vom irdischen getrennt ist. Gott Vater, gekennzeichnet durch einen dreieckigen Heiligenschein, hält das Zepter in der linken Hand, schaut auf die Szene unter ihm und segnet die Familie. Im Oberbild ist die hl. Notburga dargestellt, flankiert von Schneckenvoluten, Putten und Muschelwerk. Sie ist Patronin aller Dienstboten, der Bauern, der Armen und der Arbeitsruhe. Sie bewahrt vor Viehkrankheiten und allen Nöten der Landwirtschaft. Beide Bilder dieses Altares sind von Sebastian Ziehrer gemalt. Links vom Hauptbildes ist die Figur des hl. Sebastian zu erkennen, eines römischen Offiziers, der in der diokletianischen Glaubensverfolgung mit Pfeilen getötet werden sollte, aber überlebte und dann ertränkt wurde. Er ist der Patron gegen Pest und Seuchen. Rechts steht der hl. Rochus in Pilgerkleidung mit einer Pestbeule am Oberschenkel. Er wird begleitet von einem Hund mit einem Brot im Maul. (Der Hund soll ihn mit Brot versorgt haben, als er sich, weil er Pestkranke pflegte, selbst ansteckte und aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wurde.) Er ist der Patron der Kranken und Siechen und Bauern, gegen Pest und Seuchen, Tollwut und Unglücksfälle. Alle Figuren der Seitenaltäre stammen von Anton Keller, dabei ist die Statue des Rochus besonders gelungen. Sie wird von Karl Tyroller als ein Werk bezeichnet, „das an die große Kunst der Zeit heranreicht… Der Heilige steht in lockerer Haltung, seine Hand verweist auf die Pestwunde am Oberschenkel. Das gesenkte Haupt, die deutende Hand und das vorgestellte Bein fügen sich zu einer weichen Kurve. Sein besinnlicher Blick und die schenkende Gebärde bringen uns das Wesen des heiligen Wohltäters nahe.“9
Auf dem Altartisch steht statt eines Tabernakels das Gnadenbild Maria Hilf, eine der zahlreichen Kopien des Bildes von Lucas Cranach. Das Original befindet sich im Hochaltar des Innsbrucker Doms. Wer das Bild gemalt hat, ist unbekannt.An den beiden Seitenwänden umlaufend erkennen wir die Bilder der zwölf Apostel in gemalter Rokokoumrahmung mit ihren charaktristischen Attributen versehen, der Apostel Philipus mit dem Kreuz und der hl. Petrus mit den Schlüsseln, gemalt ebenfalls von Sebastian Ziehrer, davor Leuchterarme.
Über den Apostelbildern befinden sich die 14 Kreuzwegstationen. Hier die 9. Station - Jesus fällt zum 3. Male unter dem Kreuz. Das Triumphkreuz an der rechten Seitenwand ist ein Spätwerk von Matthias Obermayer, dem führenden Straubinger Bilhauer seiner Zeit, aus dem Jahre 1793. Dieses Kreuz ist von hohem künstlerischen Wert. K. Tyroller stellt fest: „Prägnanz der Handhabung des Schnitzmessers, klare Demonstration der Körperfunktionen und Verinnerlichung zeichnen dieses Spätwerk Obermayers aus...“10 Bei der Renovierung von 1988-1992 wurde dieses farbgetreu erhaltene Blumenbukett freigelegt, und somit konnten die restlichen Farben bestimmt werden. Die übrigen Buketts wurden neu gefasst.Die reichverzierte Kanzel weist einen bauchigen Korpus auf, der Deckel ist mit Lambrequins(= Vorhängen) versehen. Darauf ist die göttliche Dreifaltigkeit als Dreieck mit Auge im Strahlenkranz abgebildet. Die bildhafte Gestaltung der Empore ist der barocken Emblematik entlehnt. Ein Emblem besteht aus einem (rätselhaften) Bild (Pictura), einer sentenzhaften Überschrift (Inscriptio, Motto) und einem den Bildinhalt deutenden Epigramm (Subscriptio), meist in lateinischer Sprache. Diese dreiteilige Bauform ist auch für dieses Emblem charakteristisch, die Doppelfunktion von Abbild und Deutung gehört zum Wesen des Sinn-Bildes. Linkes EmporenbildRechtes Emporenbild
Das linke Bild der unteren Empore zeigt im Hintergrund rechts einen Mann in priesterlicher Kleidung, der einem knienden Mann ein Tuch reicht. Vermutlich handelt es sich um eine zeitgemäße Version der Mantelspende. St. Marin kleidet einen Notleidenden. Im Mittelteil dieses Bildes wird ein junger Priester geschlagen; der hl. Martin könnte gemeint sein, der die Hände auf dem Rücken hält. Im Vordergrund des Bildes steht, abgehoben vom Mittelteil, ein Lautenspieler in prächtiger Kleidung mit einem aufwendigen Kopfputz vor einem Turm / einer Mauer. Bei dieser Gestalt handelt es sich um eine typische Darstellungsweise des Barock. Der Sänger / Seher verweist auf die lateinischen Inschriften. Die lateinische Inschrift tentanti respondet (,) amice lautet: Jemandem, der es (es = Gutes zu tun) versucht, antwortet sie (die Harfe, hier im Bild aber eine Laute), mein Freund. Dieser Text wird gedanklich fortgeführt im rechte Emporebild.
Das rechte Emporebild zeigt den bärtigen, strahlenden Martin mit ausgebreiteten Armen vor dem barocken Paradiesesgarten, dem mittelalterlichen hortus conclusus. (Der Paradiesesgarten als Sinnbild des Urgartens wurde stets als geschlossener Raum gedacht.) Martin steht vor dem Garten mit Lebensbaumhecken und Rosen (dem Baum des ewigen Lebens und den Rosen als Blume der Liebe und des Paradieses). Die lateinische Inschrift tol(l)eratae praemia noctis heißt übersetzt: Belohnungen für eine ertragene/durchlittene Nacht. Gemeint ist damit die Dunkelheit des irdischen Schicksals im Gegensatz zur Helle der Freuden im Himmel.
Die mittlere Orgelempore weist ein erstaunliches Bild auf. Es zeigt eine Parallele auf zwischen Moses, der die Offenbarung Gottes am brennenden Dornbusch empfängt, und Martin, der in Begleitung seiner Mönche / Priester eine Erscheinung des Auferstandenen hat, der von heiligen Frauen und Männern begleitet wird. Die obere Empore zeigt im Mittelbild König David mit der Harfe, dem Musikinstrument des gottesdienstlichen Gebrauchs aus dem Alten Testament, und rechts die hl. Cäcilia, die Patronin der Kirchenmusik, mit der Orgel.Rechts und links des Bildes sind die Wappen der Kirchenerbauer von Oheim und von Poysl dargestellt.
Die Botschaft der Empore und der Deckenbilder lautet, dass Gott Bischof Martin beigestanden hat. Der Sänger / Seher verkündet, dass Martin durch seinen Glauben, sein Gottvertrauen, sein Wirken und seinen Lebenswandel das Dunkel des Diesseits überwunden hat und mit der Glorie des Jenseits belohnt wurde.
Die Botschaft dieser Szenen soll den Gläubigen die Gewissheit vermitteln, die gleiche himmlische Herrlichkeit erlangen zu können, wenn sie glauben, auf Gott vertrauen und sich mühen.
Die Kirchenbänke sind mit reichem Schnitzwerk versehen.
Die Kirche verfügt über 2 Tragekreuze und 3 Altarkreuze.
In der Kirche liegen Ansichtspostkarten zum Verkauf aus. Ein reich bebildeter Kirchenführer mit den Kirchen St. Martin und der Wallfahrtskirche Antenring ist für € 4 in der Kirche und im Pfarramt Perkam erhältlich.
Die Kirche ist nur sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Führungen können vereinbahrt werden bei Frau Reinhilde Haller, Telefon 09420 945.
9 Karl Tyroller, s.o., S. 2010 Karl Tyroller, s.o., S. 20 zum Artikelanfang